Auch das zweite Quartal 2021 war ein guter Zeitabschnitt für Aktienanleger. Mit Fortschreiten der Impfkampagnen weltweit und Lockerungen der Corona-Maßnahmen hat sich die wirtschaftliche Erholung fortgesetzt. Gestützt durch staatliche Konjunkturprogramme und das weiterhin niedrige Zinsniveau konnten DAX, Dow Jones und MSCI World auf neue Rekordstände klettern. Weder die gestiegenen Inflationserwartungen noch neu auftretende Virusmutationen werden derzeit als Bremsklotz für die Weltkonjunktur gesehen. Negativen Einfluss hatten hier zuletzt nur die überforderten Lieferketten und der Engpass bei der Halbleiter-Produktion.
Zahlen sprechen für anziehende Konjunktur
In den veröffentlichten Wirtschaftsdaten der letzten Wochen konnten Anleger relativ einfach die Impffortschritte in den USA, Europa und Asien ablesen. Einkaufsmanagerindizes zeugten vom Optimismus der Unternehmen und auch die privaten Konsumausgaben stiegen oder konnten sich zumindest auf hohem Niveau einpendeln. Das Ende von umfassenden Lockdowns führte wie erwartet zu einem „Nachholkonsum“, der von staatlichen Einmalzahlungen – etwa den „Stimulus-Checks“ in den USA – noch befeuert wurde. Auch wenn diese einmaligen Effekte nicht auf die nächsten Monate übertragen werden können, hat die Stabilität der Daten viele Marktbeobachter positiv überrascht. Abzuwarten bleibt, wie sich die Entwicklung mittelfristig auf Verbraucherpreise und Löhne auswirken wird.
Europa beginnt Aufholjagd auf USA
Genau wie bei der Impfkampagne lag Deutschland und ganz Europa auch bei der wirtschaftlichen Erholung zu Beginn des Jahres hinter den USA zurück. In den letzten drei Monaten konnten die wichtigsten europäischen Volkswirtschaften in beiden Aspekten aufholen. Aufgrund verbreiteter Impfskepsis in den USA stagnierten dort zuletzt die Impfquoten, während die Zahl der Geimpften in Europa mit jedem Tag deutlich zunehmen. Die Börsen honorierten diese Entwicklung mit starken Zuwächsen, insbesondere im Mai. Allerdings kommen viele europäische Unternehmen auch noch von einem niedrigeren Bewertungsniveau als vergleichbare Werte aus den USA.
Computerchips werden knapp
Wenn im zweiten Quartal etwas Börsianer aus der Ruhe bringen konnte, dann waren das die fehlenden Halbleiter. Gerade die deutsche Automobilindustrie, aber auch viele andere Branchen, musste aufgrund der Lieferengpässe bei Computerchips ihre Produktion herunterfahren oder zwischenzeitlich ganz einstellen. Halbleiterproduzenten wie Infineon und weitere Hersteller aus Taiwan, China oder Südkorea konnten die stark ansteigende Nachfrage nicht mehr ausreichend bedienen. Verantwortlich war hier nicht nur die schnell anziehende Konjunktur, sondern der grundsätzlich gewachsene Hunger der Industrie. So werden in modernen Automobilen und insbesondere E-Autos immer mehr Halbleiter verbaut.
Rohstoffpreise auf Rekordhoch
Doch nicht nur Halbleiter waren gefragt. Auch die Preise für dringend benötigte Industrierohstoffe stiegen zwischenzeitlich rapide an. Der Kupferpreis erreichte beispielsweise im Mai ein neues Rekordhoch und konnte allein auf die letzten 12 Monate um ca. 60 Prozent zulegen. Ähnlich sah es bei den Industriemetallen wie Aluminium, Nickel, Zink und Blei aus. Öl stieg auf den höchsten Kurs seit dem Jahr 2018. Hervorzuheben sind auch die Höchststände beim Holzpreis, die insbesondere durch den Bauboom in Nordamerika und Europa getrieben wurden. Auch wenn die Rohstoffpreise zum Ende des Quartals wieder leicht gefallen sind, sehen Marktexperten hier einen langfristigen Trend und womöglich einen neuen Rohstoff-Superzyklus. Waren die letzten Jahre noch sehr schwierig für Rohstoffanleger, könnten gerade „Grüne Technologien“ für weitere Preisanstiege sorgen. Windräder, Solarmodule, Elektro-Motoren oder Batterien benötigen nämlich besonders große Mengen an Seltenen Erden, Kupfer, Aluminium, Silber, Lithium und Nickel.
Inflation lässt Notenbanken bisher kalt
Wie erwartet, stiegen die Inflationszahlen in den letzten Monaten kräftig an. Die genannten Faktoren wie Konjunkturerholung, Rohstoffpreise, Lohnsteigerungen und niedrige Zinsen spielten hierbei die Hauptrolle. Die Inflationsrate in Deutschland lag im Mai noch bei etwa 2,5 Prozent. In den USA stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr sogar um mehr als 4 Prozent an.
Die Notenbanken in den USA und Europa zeigten sich aber auch von diesen Zahlen unbeeindruckt. Sind die Auslöser der Preissteigerungen doch eher Corona-bedingt und laut Aussage der Notenbanker lediglich temporärer Natur. An der lockeren Geldpolitik und den niedrigen Zinsen wird daher aktuell nicht gerüttelt. Trotzdem werden Fed und EZB die Preisentwicklung sehr genau im Blick behalten, um falls notwendig gegenzusteuern. Die in der Corona-Krise stark gestiegenen Staatsschulden schränken hierbei aber den Handlungsspielraum stark ein. Gerade für Europa bleibt eine baldige Zinswende unter diesen Voraussetzungen unwahrscheinlich.
Anleihemärkte stabiler als noch zum Jahresbeginn
Die bedachte Reaktion der Notenbanker auf die Inflationszahlen hat auch auf dem Anleihemarkt für eine Stabilisierung gesorgt. Während Inflationsängste noch im Februar und März für Kurseinbrüche gesorgt hatten, konnten sich die Kurse über die letzten drei Monate wieder etwas erholen. Die höhere Inflation scheint von den Marktteilnehmern bereits eingepreist gewesen zu sein. Sollten die Verbraucherpreise aber auch in den nächsten Monaten hoch bleiben und die US-Notenbank mit Zinserhöhungen liebäugeln, könnten die Schwankungen der Anleihekurse wieder etwas zunehmen. Bei einer Normalisierung der Inflation sollte sich hingegen die bisherige Erholung fortsetzen.
Fazit: Mit dem Sommer auf der Nordhalbkugel scheint auch ein Ende der Corona-Pandemie in Reichweite. Der Optimismus an den Börsen ist jedenfalls weiterhin ungebrochen. Der positive Ausblick für Aktien ist dabei aber nicht blauäugig, sondern wird aktuell durch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten gestützt. Steigender Konsum, niedrige Zinsen und Konjunkturprogramme bieten ein gutes Umfeld für Kursgewinne. Sollte sich an diesen Voraussetzungen nicht kurzfristig etwas ändern, könnten auch die nächsten Monate gewinnbringend für Anleger bleiben. Entscheidend wird hierbei sein, wie die Notenbanken auf den konjunkturgetriebenen Anstieg der Inflation reagieren. Bleibt es bei der hohen Toleranz für Preisanstiege oder wird etwa die Federal Reserve das Ende der expansiven Geldpolitik einleiten? Gut für Anleger: Aktien bieten als Sachwerte einen gewissen Schutz vor Inflation. Gerade Value-Titel könnten hier einen Vorteil bieten, da ihre Bewertungen nicht so stark vom niedrigen Zinsniveau abhängen wie Wachstums- oder Technologietitel.
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MS Mikel/shutterstock (Arbeiter mit Silicon Wafer: Die Lieferengpässe bei Halbleitern dürften sich im Zuge der Energiewende noch verschärfen. So verbraucht die Produktion von Elektrofahrzeugen Schätzungen der Internationalen Energieagentur IEA zufolge sechs Mal mehr Kupfer, Kobalt, Lithium und Nickel als die von Verbrennern, bei Windparks ist der Faktor im Vergleich zu herkömmlichen Gas-Kraftwerken noch einmal höher.)
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